Hoffnungsbrief Nr. 35
Eingang: 20.11.2020, Veröffentlicht: 20.11.2020
Foto: Ladwig.
Die gestern erschienene Hoffnungsandacht hat Frau Ladwig als als klassischen Hoffnungsbrief layoutet. Vielen Dank dafür.
Gedanken zum Ewigkeitssonntag Ps 90, 10-12
Mit dem heutigen letzten Sonntag im Kirchenjahr erinnern wir uns an das, was wir verloren haben. Für viele von Ihnen ist das der Mensch, der an Ihrer Seite gewesen ist: die Mutter oder der Vater, der Ehepartner oder gar ein Kind. Ein Verlust, der unersetzlich bleibt, weil so viele Erinnerungen uns verbunden haben und noch verbinden. Ein trauriger Tag auf den ersten Blick, aber auch ein hoffnungsvoller Tag im Blick auf die Vollendung, die keiner von uns selbst schafft, sondern die uns geschenkt wird im Glauben an Jesus Christus. Unser Glaube kann uns trösten und heilen, weil wir durch ihn lernen können, nicht nur das Verlorene zu betrauern, sondern auch das genossene gemeinsame Leben dankbar zu erinnern. In diesem Sinne gilt der Grundsatz: &Das Geheimnis der Erlösung liegt in der Erinnerung”. Den Verlust zu vergessen, hilft nicht, aber zu lernen damit so umzugehen, dass wir uns wieder freuen können, darauf kommt es an.
Wer nicht weinen kann, der kann sich oft auch gar nicht richtig freuen. Gleichgültigkeit und Herzenskälte können uns ums ganze Leben bringen. Glücklich sein kann am Ende nur der, der auch das Unglück ermessen kann, weil er es selbst erlebt hat. Freude und Trauer, Höhepunkte und Tiefpunkte erleben wir auf unserem Lebensweg. Ich möchte sie nicht missen, weil sie mir so oder so den Wert des ganzen Lebens zeigen. Ps 90 benennt die Dauer unseres Lebens recht nüchtern:
Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hochkommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe.
Keiner von uns kann sein Leben völlig selbst bestimmen. Das zu erreichen wäre vergebliche Mühe. Keiner von uns hat Macht darüber, wann einem die letzte Stunde schlägt. Keiner kann sich nur das Gute aussuchen. Stets können wir nur beides annehmen und dennoch versuchen, das Beste daraus zu machen. Jeder von uns kann Gott nur bitten, dass wir hinnehmen, was wir nicht ändern können, aber an dem arbeiten, was wir in der Hand haben. Vor allem gilt es, beides voneinander zu unterscheiden: Wo ist es nötig geduldig zu bleiben und wo können wir etwas bewegen. So wenig man einen anderen Menschen ändern kann, so sehr können wir unseren Umgang mit dem Leben ändern.
Das Ziel, das ich erreichen möchte, beschreibt der Psalm 90 so: Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. Wenn ich das Leben von seinem Ende her ansehe, dann begreife ich, welche Chance ich heute noch habe: so zu leben, als sei mein letzter Tag schon nahe. Ich will das Wichtige jetzt tun und das weniger Wichtige warten lassen. Das zu unterscheiden ist die Lebenskunst.
Das Schwere an allen Abschieden ist, dass wir da nichts mehr selbst entscheiden können. Alles was getan werden konnte, muss schon getan sein. Ein Trost aber bleibt: Gott kann den Abschied, der mich schmerzt, überwinden, indem er mir die Hoffnung auf ein Wiedersehn schenkt. Wer sich von Herzen freuen kann, dass wir uns im Glauben einmal wiedersehen, dass wir bei Christus vereinigt werden für immer, der hat das Ziel des Lebens erkannt und wird es in Gott erreichen. Bis dahin gilt es eine gute und dankbare Erinnerung an gemeinsame Jahre zu pflegen. Denn wie der Dichter Jean Paul schreibt: &Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem mich keiner vertreiben kann!”
Herzliche Grüße,
Ihr Pastor Cornelius Meisiek
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