Hoffnungsbrief Nr 5
Eingang: 21.04.2020, Veröffentlicht: 22.04.2020
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Liebe Gemeinde,
erst ein paar Tage ist es her, da begegnete ich beim Wandern quer durch die unberührte Natur einer riesigen Schafherde. “Das sind bestimmt hundert Schafe”, hörte ich jemanden sagen und ich widersprach prompt: “Nein, das sind 99 Schafe, denn das eine verlorene Schaf, von dem Jesus erzählte, das steckt sicher irgendwie dort drüben und hat sich im Gestrüpp verfangen.”
Traditionell ist ja der zweite Sonntag nach Ostern der “Sonntag vom guten Hirten”, und der passende Psalm dazu natürlich der 23. Psalm: “Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.” Den Psalm vom guten Hirten lernen Konfirmanden bis heute auswendig, und manch einer hat diesen Vers auch als Konfirmationsspruch mit auf den Lebensweg bekommen.
Weniger bekannt ist ein Vers aus dem Propheten Hesekiel, der ein ganzes Kapitel ebenfalls dem Thema “Hirte” widmet. Der Prophet klagt darüber, dass die “Herde” des Volkes Gottes in alle Richtungen versprengt ist, und dass sowohl die weltlichen als auch die geistlichen “Hirten” seines Volkes ziemlich versagt haben. Sie haben sich selbst mehr geweidet als ihre Herde. Darum lässt Gott durch den Mund des Propheten erklären: “Ich will mich meiner Herde selbst annehmen... Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.”
Christen glauben, dass Jesus dieser gute Hirte ist, den der Prophet des Alten Bundes verheißen hat. Ihm dürfen wir uns anvertrauen, wenn wir die Hoffnung und die Zuversicht verloren haben, dass alles wieder gut wird. Ihm dürfen wir uns anvertrauen, wenn wir die Orientierung verloren haben und den Weg nicht mehr wissen. Ihm dürfen wir uns anvertrauen mit all unseren inneren Verletzungen. Er will uns heilen und verbinden, er will uns zurechtbringen und aus der Fremde wieder nach Hause führen.
Manch einer ist im Laufe seines Lebens immer mehr abgekommen vom Weg des Glaubens, erst unmerklich, dann aber doch deutlich spürbar. Manch einer verbindet mit dem “Thema Kirche” innere Verletzungen, die nicht wirklich heilen wollen. Doch es ist nie zu späte, wieder umzukehren zu dem Hirten unsere Seele, oder noch schöner: Es ist nie zu spät, sich von ihm finden zu lassen, in welchem Gestrüpp auch immer wir uns verfangen haben...
In herzlicher Verbundenheit,
Ihr Pastor
Lothar Podsus
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